Abbildung 1: Weitere Bilder vom F5 Luxus-Cabrio am Ende dieser Seite


Reparatur-Vorschläge für den DKW-Dynastart am Beispiel der Lichtmaschine der DKW SB 500 A (Anlasser)

 

Auf Grund ungenügender Leistung der Lichtmaschine geriet nach Ausschluss aller anderen möglichen Ursachen der Glockenanker der Lichtmaschine in Verdacht. Eigentlich schien er mir unverdächtig, da die Anlassfunktion einwandfrei funktionierte.

Für die Fehlersuche habe ich versucht, die Lichtmaschine zu verstehen. Das Ergebnis des Versuchs finden Sie im folgenden Text. Ich erhebe keinen Anspruch, dass alles so richtig ist wie ich es beschreibe, aber ich bin mir ziemlich sicher. Für sachdienliche Hinweise an r.goder(Klammeraffe)gmx.de bin ich dankbar und werde sie auch gerne einarbeiten.

Wer den folgenden Text und die Bilder verstehen will sollte vorher wenigstens die prinzipielle Funktionsweise einer Gleichstromlichtmaschine verstanden haben.

Die wird meist an Hand von 3 Spulen und 3 Kollektoren oder auch nur einer Spule erklärt. Bei der

SB 500 mit Dynastart sind es jedoch 103 Kollektoren.

Misst man den Widerstand zwischen den Kollektorlamellen mit einem dafür völlig ungeeignetem Vielfachmessgerät wird man feststellen, dass alle 103 Kollektoren elektrisch miteinander verbunden sind und dass der Widerstand sehr klein ist, irgendwo im mOhm-Bereich. Ein unterschiedlicher Widerstand zwischen verschiedenen Lamellen ist damit nicht messbar, aber vorhanden wie wir später sehen werden.

Der Widerstand zwischen den Kollektorlamellen und dem Grundkörper des Glockenankers sollte im Megaohm-Bereich liegen oder besser noch mit einem Vielfachmessgerät gar nicht messbar sein.

 

In den Instandsetzungsanweisungen für DKW-Frontantriebswagen wird mit 220V Wechsel oder Gleichstrom und einer 60..75Watt-Glühlampe geprüft. Die Lampe darf nicht aufleuchten wenn der Strom über die Lampe, die Kollektor-Lamellen und den Grundkörper des Glockenankers geleitet wird. Sicherheitshinweise gibt es nicht, unsere Vorfahren waren da wohl noch ganz anders drauf.


Da die 360° des Vollkreise von 103 Lamellen aufgespannt werden steht jede Lamelle für eine Winkel von 360°/103=3,495...°

Der Versuch den Weg der massiven Kupferwindungen zu folgen ist nicht ganz einfach, da jede Kollektorlamelle mit 2 dieser Kupferdrähte verbunden ist. Man sieht aber nur einen Kupferdraht, der zweite liegt darunter und ist nicht sichtbar. Den Kollektor ohne große Not zu demontieren verbietet sich.

Das folgende Bild zeigt den Weg der Kupferwindungen. Er beginne an der gelben Markierung (kleiner gelber Punkt bei 12 Uhr) an einer der oberen Kollektorlamellen als der linke von den beiden gelb markierten Drähten. Die gelbe Farbe markiert den sichtbar verlaufenden Draht, die rote Farbe den unsichtbar verlaufenden Draht in der zweiten Ebene des Glockenankers. Zwischen gelb und rot spannt sich eine Spule mit nur einer 3/4-Windung auf. Die Spule geht über 9 Lamellen das entspricht einem Winkel von 31,45..° Danach geht es 4 Lamellen weiter (immer entgegen dem Uhrzeigersinn) bis zum Anschluss an eine weitere Kollektorlamelle (unsichtbar von unten). Die angeschlossene Lamelle habe ich wiederum mit einem gelben Punkt markiert. Dann geht es wieder 4 Lamellen weiter (diesmal sichtbar (gelb)) und die nächste Spule wird aufgespannt. Wenn sich das ganze 6 mal wiederholt hat sind wir 6x(4+4+9)=102 Kollektorlamellen weiter und fast (bis auf eine Kollektorlamelle) am Anfang angekommen. Im Bild ist dieser rote Draht mit 1 markiert, er bedeutet das Ende der ersten Runde. Die zweiter Runde fängt also eine Lamelle weiter rechts (im Uhrzeigersinn) an und endet wieder nach fast einer Umdrehung entgegen dem Uhrzeigersinn am roten Draht, der mit Nummer 2 markiert ist.


Abbildung 1: Verlauf der Windungen im Glockenanker

Die zweite Runde ist in Abbildung 1 schon nur noch mit dem Anfang(gelb) und dem Ende (rot mit Nummer 2 markiert) angedeutet. So geht das weiter, bis nach 9 Runden schon mehr als die Hälfte der Kollektoren „verdrahtet“ ist. Das ist ein besonderer Punkt denn in etwa nach 9 Runden bzw. über 8 bis 9 Kollektorlamellen sind die Kohlen montiert. Wir vergessen hier erst mal, dass die Lichtmaschine der SB500 A vier Kohlen hat. Dazu später mehr. Am Rande sei hier bemerkt, dass die Lichtmaschine und sogar der Anlasser mit nur 2 Kohlen im Abstand von knapp 9 Kollektorlamellen sehr wohl funktionieren, allerdings nicht optimal.

Das folgende Bild zeigt die angenommene Position zweier Kohlen (schwarz markiert) im Abstand von knapp 9 Kollektorlamellen. In diesem Abstand (30°) sind sie praktisch angeordnet. Die linke Kohle tastet den Anfang der ersten Runde ab, die rechte Kohle die induzierte Spannung nach 8 bis 9 Runden, also die Summe der in 6 x 9 = 54 Spulen (mit je nur einer ¾ Windung) induzierten Spannungen.


Abbildung 2: Anordnung der Kohlen (schwarze dicke Striche)


Voraussetzung dafür, dass sich die Spannungsbeträge der 54 Spulen addieren ist, dass die aus den induzierten Spannungen resultierenden Ströme alle in der gleichen Richtung fließen, d.h., dass alle 54 Spulen im Moment der „Abtastung“ über die beiden Kohlen ein sich in der gleichen Richtung änderndes Magnetfeld auffangen. Beispielsweise müssen alle 54 Spulen ein abnehmenden Nordpol (oder zunehmenden Südpol) sehen.

Abbildung 3: Lage der Erregerspulen / 4 Kohlen – Windung startet bei 0 an der oberen blauen (negativen) Kohle und endet bei 9 nach 9 Runden an der oberen roten (positiven) Kohle. Die untere blaue (negative) Kohle liegt bei 0,5 Runden, die unter rote (positive) Kohle bei 8,5 Runden


Am Rand, zum Verständnis, sei bemerkt dass die induzierte Spannung proportional zur Änderung des Magnetfeldes ist. Das bedeutet auch, dass nicht alle 54 Spulen die gleiche Spannung liefern, sondern dass die Spulen, die sich gerade zwischen Nord- und Südpol der Erregerspulen befinden, den höchsten Spannungsbeitrag liefern. Das sind hier die Spulen der fünften Umdrehungen wie man am folgenden Bild sehen kann. Das zeigt exemplarisch 3 der 12 Pole der Erregerspulen.

 

In Abbildung 3 kann man die Lage aller 4 Kohlen mit blauer Markierung (Kohle liegt an Masse) und roter Markierung (Kohle liegt am Pluspol) erkennen. Die blau und rot markierten Kohlen sind jeweils elektrisch miteinander verbunden. Man erkennt in Abbildung 3 auch, dass durch die Verwendung von 4 Kohlen einige der Windungen des Glockenankers kurz geschlossen werden. Es ist die erste halbe Runde (markiert mit 0 und 0,5) durch die auf Masse liegenden Kohlen und die letzte halbe Runde (markiert mit 8,5 und 9) durch die beiden positiven Kohlen.

Warum dieser Kurzschluss nicht schadet wird sichtbar, wenn man die Lage der kurzgeschlossenen Spulen des Glockenankers mit der Lage der Erregerspulen vergleicht. Die kurzgeschlossenen Spulen liegen alle im homogenen Teil des Erregerfeldes (sie liegen genau gegenüber einen der Pole des Erregerfeldes, nicht zwischen zwei verschiedenen Polen), damit wird in ihnen keine Spannung induziert.

Es ist im übrigen auch so, dass die Kohlen auf Grund ihrer Breite gleichzeitig mit 2 bis 3 Kollektor-Lamellen verbunden sind. Alleine dadurch werden Windungen kurzgeschlossen. Dies sind aber, auf Grund der Position der Kohlen zu den Erregerspulen, immer Windungen, in denen gerade keine Spannung induziert wird.

 

Die 4 Kohlen gab es bei DKW in der Version mit Anlasser, sie ermöglichen den hohen Stromfluss während des Anlassens, da sich der Strom auf jeweils zwei Kohlen verteilen kann.


Abbildung 4: Die andere Hälfte der Windungen des Glockenankers

Zur Vervollständigung zeigt die Abbildung 4 die Lage der restlichen Windungen des Glockenankers. Sie sind hier mit -8 bis -0 markiert. Die weißen Drähte verlaufen wie gelb im Vordergrund, die blauen sind (wie die roten) nicht sichtbar in der hinteren Ebene. Im Gengensatz zu den gelb/rot markierten Windungen 0..8 sind sie um 30° versetzt, so dass sie im negierten Erregerfeld liegen. Damit ist auch die von den Spulen erzeugte Spannung negiert. Entsprechend starten die gelb markierten Windungen bei 0 mit der negativen Kohle, während die weiß-blau markierten Windungen bei -8 mit der positiven Kohle starten.

 

Zurück zum eigentlichen Problem

Der Test mit der Prüflampe oder dem Kurbelinduktor ergab einen Masseschluss. Warum funktioniert trotzdem die Anlassfunktion?

Man muss sich vergegenwärtigen, dass bei der Anlassfunktion die Flachkupferstäbe im Glockenanker, angetrieben vom Magnetfeld der Erregerspulen in Verbindung mit dem Magnetfeld der Glockenankerspulen, das für das Anlassen erforderliche Drehmoment erzeugen müssen. Dabei werden die Flachkupferstäbe im Glockenanker gegen die Isolierung in den Lamellen des Glockenankers gedrückt. In der Lichtmaschinenfunktion dreht sich der Glockenanker natürlich in der gleichen Richtung wie beim Anlassen. Allerdings, jetzt werden die Flachkupferstäbe durch das Magnetfeld der Erregerspulen in Verbindung mit dem durch den induzierten Strom erzeugten Magnetfeld der Glockenankerspulen (der induzierte Storm im Glockenanker fließt in der entgegengesetzten Richtung des eingespeisten Stromes beim Anlassvorgang) in die entgegengesetzte Richtung gedrückt. Vermutlich ist die Isolierung in dieser Richtung schadhaft, so dass das Problem hier nur in der Lichtmaschinenfunktion auftritt.

Da, wie schon erläutert, nicht gleichmäßig in allen Spulen des Glockenankers Spannung induziert wird, werden die Flachkupferstäbe im Lichtmaschinenbetrieb während einer Umdrehung des Glockenankers jeweils 12 mal mechanisch belastet und entlastet. Das heißt sie drücken 12 mal auf die Isolierung einer Seite. Das führt wohl dazu, dass im Laufe der Zeit die Isolierung zerstört werden kann.


Abbildung 5: Rauchzeichen am Defekt (der Schluss ist rechts vom Kupferstab, da wo er im Lichtmaschinenbetrieb hingedrückt wird)


Das obige Bild zeigt den demontierten Glockenanker. Ich habe versucht, Elektrolack (Urethane) als Isolation zwischen die Kupferstäbe und die Lamellen des Ankergehäuses zu gießen. Das ist mühsam und war auch nicht erfolgreich. Allerdings, mit einer Gleichspannung von 30V aus einem Universalnetzteil (begrenzt auf 4A), angelegt zwischen Ankergehäuse und Kollektor, lässt sich immerhin der Ort des Kurschlusses sichtbar machen. Man erkennt den Rauch (roter Kreis im Bild) der durch den noch nicht vollständig getrockneten Lack auf die defekte Isolierung hinweist.

 


Abbildung 6: Reparatur mittels Auftrennen und Überbrücken


Das obige Bild zeigt eine erste Möglichkeit der Reparatur. Der Flachkupferstab wird beim roten Kreuz und natürlich auch auf der anderen Seite des Kurschlusses zertrennt. Auf der Rückseite des Kollektors wird dafür eine Verbindung entsprechen der roten Linie über 17 Lamellen hergestellt. Es sind hier gut 3mm Platz zum Gehäuse, so dass man ein ca. 2mm Kupferblech mit je 0,5mm Hartpapier isoliert verwenden könnte. (Leider sehe ich auf Grund der Kröpfungen der Flachkupferstäbe keine Möglichkeit den Flachkupferstab komplett zu entfernen und mit neuer Isolierung wieder einzusetzen). Die herausstehend Stummel des Flachkupferstabes müssen mit Epoxidharz fixiert und von den Nachbarn isoliert werden.

 

Abbildung 6a1 Durchtrennt und mit Expoxidharz gesichert

Abbildung 6a 2 durchtrennt und mit Epoxidharz gesichert

Der Nachteil ist hier, dass jetzt natürlich der Spannungsbeitrag des totgelegten Spulenzweiges fehlt. Es ist allerdings nur einer von 54 Zweigen, so dass die Funktion trotzdem gegeben sein wird.

Die elegantere Lösung ist, den Teil des Glockenankers der die Flachkupferstäbe trägt, vom Rest des Glockenankers (das Teil welches auf der Kurbelwelle6 sitzt und den Fliehkraftregler trägt) zu isolieren. Dadurch gibt es trotz der defekten Isolierung des Flachkupferstabes keinen Kurzschluss nach Masse. Alle Windungen, und damit die volle Leistung der Lichtmaschine bleiben erhalten. Für diese Lösung habe ich mich entschieden. Sie wird aber nur von Erfolg gekrönt sein können, wenn der Anker wirklich nur an einer Stelle einen Masseschluss hat.

Der Glockenanker muss demontiert werden. Die 12 Schrauben sind schwer zu entfernen, da sie zur Sicherung gegen Lockern am Gewindeanfang mit der Körnerspitze aufgeweitet wurden. Wenn es nicht reicht, den geweiteten Teil des Gewindes mit dem Bohrer zu entfernen kann man auch die Schraubenköpfe abfräsen. Die drei Zentrierbolzen müssen ebenfalls entfernt (herausschlagen) und später durch einen möglichst festen Kunststoff (z.B. PEEK) ersetzt werden. Die 12 Schrauben habe ich durch Kunststoffschrauben M5x60 aus Polyamid ersetzt. Zwischen Hauptteil des Glockenankers und dem „Deckel“ muss vor der Montage eine Pappdichtung (0,5mm) zur Isolation hergestellt und eingefügt werden. Dazu muss der Deckelrand entsprechend um 0,5mm abgedreht werden. Wahrscheinlich würde auch eine 0,1mm Papierdichtung ausreichen, aber um das Abdrehen kommt man nicht herum, da die beiden Teile des Glockenankers nicht einfach flach aufeinander sitzen sondern über einen kleine Rand zentriert werden. Dieser muss aber in jedem Fall entfernt werden, um die elektrische Isolation zu ermöglichen.


Abbildung 7: Reparatur durch Isolation des Ankers von der Glocke mittels Pappdichtung und Kunststoffschrauben


Damit später auch wieder alles rund läuft, habe ich auf der Drehmaschine einen 10°-Kegel gedreht, so wie der Kegel auf der Kurbelwelle. Darauf wird der Glockenankerdeckel geschoben und mit einer mitlaufenden Zentrierspitze aufgedrückt. Alternativ könnte man auch ein Gewinde in den Kegel einbringen und damit den Glockenanker-Deckel befestigen, so wie auch auf der Kurbelwelle. Die folgenden Bilder geben einen Einblick.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abbildung 8: Die 10° sind über Durchmesser-Messungen errechnet, die genaue Passform habe ich während des Drehens mit Touchierfarbe überprüft und angepasst – natürlich darf der Kegel nicht ausgespannt werden, bevor alles erledigt ist. Also vorher überprüfen, ob der Kegel weit genug vom Backenfutter entfernt ist, um später den Glockenanker-Deckel aufnehmen und linksseitig bearbeiten zu können!


 

 


Abbildung 9: Abdrehen des Deckel-Randes um 0,5mm


 

Der Schlusstest am Motorrad steht noch aus, das war erst mal die Winterarbeit. (Dezember 2020)

29.8.2022 Leider hat weder das Isolieren des Wicklungsträgers noch die Durchtrennung und Überbrückung der defekten Schleife den gewünschten Erfolg gebracht.

Obwohl der Lampentest sowohl durch das Isolieren als auch durch die Durchtrennung der defekten Schleife bestanden werden konnte, erreichte die Lichtmaschine erst bei sehr hohen Drehzahlen die erforderliche Spannung von gut 6V. Bei meinem funktionierenden Glockenankern beträgt die erforderliche Drehzahl für 6,5V (bei einer Leistungsabgabe von etwa 40W)  1850 rpm.

Die Durchtrennung habe ich erst vorgenommen, nachdem die Isolierung nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Wenn die Theorie stimmt, ist der Mißerfolg nur mit weiteren Defekten (Masseschlüssen) zu erklären, die jedoch nicht in Ruhe sondern nur bei der Bewegung auftreten. (Die Anlassfunktion war übrigens immer gegeben)

Wer mit einer der Methoden Erfolg hat, bitte schreibt mir eine Nachricht. r.goder(klammeraffe)gmx.de

 

 

 

Hier noch ein paar Bilder von einem F5 Zweisitzer Luxus-Cabrio mit „Schwiegermuttersitz“ im Kofferraum.